„Bleib du selbst!“ – Im Gespräch mit Coach Andreas Kalhofer (U11 & U13)

Wir haben uns zusammengesetzt, um über Flag Football, Kids, Teamgeist und das Leben an der Seitenlinie zu quatschen. Herausgekommen ist ein Gespräch voller Leidenschaft, Witz und ehrlicher Einblicke.

06. Mai 2023, erstes Freundschaftsspiel gegen die Erding Bulls.

Wie bist du überhaupt zum Coaching im Flag Football gekommen?

„Zum Football hatte ich eigentlich schon immer große Berührungspunkte – mein Schwager war im Vorstand, viele meiner Freunde haben gespielt. 2019 hab ich dann selbst angefangen und sofort gemerkt: Das macht richtig Bock!

Weil ich gleichzeitig im Referendariat an einer Sport-Grundschule war und sowieso eine Nachmittags-AG übernehmen sollte, dachte ich: Warum nicht Flag Football mit den Kids? Und so ging’s los.“

Was sind die größten Herausforderungen beim Training mit den U11 und U13?

Ganz klar zwei Dinge: die Entwicklung der Kinder und ihre Konzentration.

Während die körperliche Entwicklung bei Kindern bis zum Alter von circa 9 Jahren bei allen noch recht ähnlich verläuft, bilden sich vor allem in der Zeit vom 10. bis zum 13. Lebensjahr extrem individuelle Unterschiede heraus. Auf diese Unterschiede einzugehen, ist wichtig, damit jedes Kind ein ihm passendes Trainingsumfeld zur Verfügung hat.

Und die Konzentration? Ein Achtjähriger kann sich zwischen 16 und 40 Minuten fokussieren. Da heißt’s: immer kleine Einheiten, Pausen und zwischendurch was Lockeres einstreuen. Somit muss auch hier geschaut werden, wie lange sich das einzelne Kind jeweils auf die Übung fokussieren kann, und gegebenenfalls gilt es, Zwischenübungen oder Entspannungsphasen zu schaffen.“

12. Juni 2023, wir sind die Passau Parrots! 1. Heimspiel am Oberhaus

Wie würdest du die Stimmung im Team beschreiben?

„Ein Schiedsrichter hat uns dieses Jahr in den Playoffs mal gesagt:

‚Passau ist immer die lustigste und fairste Mannschaft. Man merkt, dass ihr euch wirklich mögt.‘

Und genau das ist es. Wir lachen viel, wir haben Bock – und das schweißt zusammen. Ohne diesen Zusammenhalt wären wir nie so erfolgreich.“

Welche Rolle spielt Flag Football in der Entwicklung der Kids?

„Ob Flag Football jetzt besonders förderlich ist im Vergleich zu anderen Sportarten, kann ich nicht beweisen.

Aber: Durch die Regeln ist es unmöglich, dass ein, zwei Leistungsträger allein ein Team tragen. Jeder ist wichtig – und das merken die Kids.

Und generell gilt: Sport macht Kinder selbstbewusster, gesünder und zufriedener. Team, Fairness, Verantwortung – das lernst du nicht aus einem Buch, das lernst du auf dem Feld.“

Worauf liegt der Fokus im Training, abgesehen von den reinen Spielzügen? (z. B. Teamwork, Disziplin, Sportlichkeit)

März 2024, Foto Shooting mit vielen neuen Kindern.

„Bei meinem Training liegt neben den sozialen Faktoren (Kennenlernen, Teamwork) der Fokus klar auf den motorischen Fähigkeiten, also Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit. Dieser Fokus ist essenziell wichtig, da eine Vielzahl an Studien klar aufzeigt, dass diese Bereiche die Grundlage für eine gesunde, ganzheitliche Kinderentwicklung darstellen. Der Fokus auf Disziplin wird wissenschaftlich mittlerweile stark angezweifelt.“

Wie bereitest du deine Spieler:innen mental auf Spiele vor?

„Für ein leistungsförderndes Umfeld sind feste Abläufe, sogenannte Rituale, ganz klar eine Voraussetzung. Rituale, definiert als regelmäßige, wiederkehrende Handlungsmuster, die nach vorhersagbaren und bekannten Strukturen verlaufen, geben Halt, Orientierung, Kraft und Schutz.

Klingt vielleicht langweilig, ist aber Gold wert. Die 60 Minuten vor jedem Spiel laufen immer gleich ab. Jeder weiß, was zu tun ist. Das gibt Halt, nimmt Nervosität und stärkt das Wir-Gefühl.

Was ich überhaupt nicht mache: Druck. Zu hohe Erwartungen sind der Grund, warum viele Kinder mit Sport aufhören. Bei uns gilt: Spaß, Team und Erfahrung sammeln.“

Wie bringst du den Kids komplexe Spielzüge bei?

März 2024, Coach Andreas K. mit Co-Trainer Simon P.

„Didaktische Reduktion – klingt fancy, heißt aber: alles in kleine Schritte zerlegen. Wir üben erstmal Starten, dann Laufen, dann Fangen. Am Ende fügen wir’s zusammen. Und plötzlich klappt der ganze Spielzug – und die Kids merken: ‚Wow, wir können das!‘“

Gibt es Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs im Flag Football?

„Rein kognitiv? Nein.

Große Unterschiede gibt’s aber bei Motivation und Vorbildern. Männliche Footballspieler sind einfach deutlich bekannter und medial omnipräsent, während es im Grunde keine bekannte Frau in diesem Sport gibt. Somit ist es also wichtig, den Mädchen aufzuzeigen, dass es auch Frauen in diesem Sport gibt, die tolle Leistungen vollbringen.“

Wie siehst du die Entwicklung von Flag Football in Deutschland?

„Mega positiv! Die Zahl der Teams wächst rasant – und mit der Olympia-Aufnahme 2028 bekommt Flag Football noch mal einen riesigen Push. Bei uns in Passau sind wir von 6 Spieler:innen im Jahr 2021 auf fast 50 in 2025 gewachsen. Das spricht für sich.“

Was rätst du Eltern und Kids, die Flag Football ausprobieren wollen?

„Einfach vorbeikommen! Keiner muss sofort zahlen oder Equipment kaufen. Erstmal mittrainieren, Spaß haben – und wenn’s passt, bleibt man. Wenn nicht, hat man wenigstens was Neues ausprobiert.“

Was ist dein größter Stolz als Coach?

11. Mai 2025, Game Day und Start der U16

„Ganz ehrlich? Nicht die großen Siege. Mein stolzester Moment ist jedes Mal, wenn ein Kind beim ersten Spiel seinen allerersten Spielzug macht. Dieses Funkeln in den Augen, wenn sie merken ‚Ich kann das!‘ – unbezahlbar.“

Und zum Schluss: Was ist das Wichtigste, was du deinen Spieler:innen mitgeben willst – über den Sport hinaus?

„Bleib du selbst! Fast jeder in der Welt versucht, dir irgendeine Ideologie aufzudrücken, dich zu manipulieren oder dich zu irgendetwas zu zwingen. Lass dir das nicht gefallen, sondern verhalte dich so, wie du sein willst.“

Also, bis bald auf dem Platz! – Euer Coach Andreas Kalhofer

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